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JUVE (Anika Verfürth)

Interview mit Taylor Wessing: „Das hat uns wehgetan“

Als Corona kam, mussten die wissenschaftlichen Mitarbeiter gehen – ein Image-Desaster für Taylor Wessing. JUVE spricht mit Managing-Partner Olaf Kranz über die Konsequenzen.


JUVE: Herr Kranz, die Entlassung aller wissenschaftlichen Mitarbeiter in den Tagen des ersten Corona-Shutdowns im März 2020 ist sicherlich nichts, worauf Sie stolz zurückblicken. Wie räumt ein Management nach einem solchen Fehltritt wieder auf? Olaf Kranz: Zunächst einmal gestehe ich diesen Fehler voll und ganz ein. Wir befanden uns damals in einer Ausnahmesituation, es herrschte viel Unsicherheit. Auch in der Partnerschaft: Deren Entnahmen waren von Tag eins an ausgesetzt. Trotzdem war die Entscheidung, die wissenschaftlichen Mitarbeiter zu kündigen, falsch, und sie wurde zu schnell getroffen. Die Folgen haben uns wehgetan. Vor allem, weil so etwas niemand von uns erwartet hätte, rückblickend vielleicht am wenigsten wir selbst. So sind wir bei Taylor Wessing nicht. Das müssen wir jetzt beweisen und das Vertrauen wieder aufbauen. Und das braucht vor allem Zeit.

Was haben Sie unternommen? Direkt danach habe ich sowohl mit den betroffenen WiMis als auch mit allen Mitarbeitern der Kanzlei das Gespräch gesucht. Wir haben erklärt, warum wir diese schwierige Entscheidung getroffen hatten. Vor allem aber habe ich mich entschuldigt und offen dazu gestanden, dass wir gegen unsere Kanzleikultur gehandelt haben. Wir wollen jetzt umso mehr auf Kommunikation und Transparenz setzen. Denn mit zwei, drei Aussprachen bekommt man das verlorene Vertrauen nicht in den Griff.

Was heißt das konkret? Mindestens alle drei Monate berichte ich nun allen Associates von übergeordneten Themen, insbesondere auch zu der wirtschaftlichen Lage der Kanzlei. Niemand soll das Gefühl haben, außen vor zu stehen. Fragen zur wirtschaftlichen Situation sollen nicht offenbleiben. Als zusätzliche Sicherheit haben wir inzwischen eine Betriebsmittelkreditlinie. Bislang brauchten wir die nie, und wir werden sie nach den Erfahrungen aus 2020 hoffentlich auch nie brauchen, aber es ist eine Sicherheit, die wir damals nicht hatten.

Wie stark wirkt sich der Fehler auf die aktuelle Bewerbersituation bei Taylor Wessing aus? Bei den WiMis spüren wir keine Folgen mehr, wir erhalten tolle Bewerbungen und haben inzwischen wieder massiv eingestellt. Bei Associates besetzen wir Stellen langsamer als zuvor, das könnte ein Nachhalleffekt sein, und wir vermuten deshalb, dass die WiMi-Kündigungen im Associate-Bewerbermarkt immer noch ein Thema sind. Zwar berichten auch andere Kanzleien von Problemen bei der Nachwuchsgewinnung. Aber wir müssen uns auf uns konzentrieren, um aufzuholen und wieder dort zu stehen, wo wir als Arbeitgeber zuvor waren.

Wie wollen Sie das machen? Wir glauben nicht, dass die Antwort nur das Gehalt ist. Die junge Generation sucht flexiblere Arbeitszeiten, echte Teilzeitoptionen und mehr Freizeit. Wir denken zum Beispiel über unbeschränkten, dafür eigenverantwortlichen Urlaub nach. Eine Vollzeitstelle könnte von mehreren Personen besetzt werden, die nicht immer Volljuristen sein müssen. Es muss unterschiedliche Karrieremodelle in einer Kanzlei geben können. Denn es kann nicht sein, dass Kanzleien keine guten Leute, insbesondere Frauen, mehr überzeugen, weil die keine Lust auf ein veraltetes Kanzleimodell haben. Wie eine Kanzlei künftig funktionieren kann, ist eine zentrale Herausforderung für die gesamte Branche, für die es bislang noch nicht die eine Lösung gibt.

Hat das Management nach den Fehlern in der Corona-Krise denn den Rückhalt in der Partnerschaft für mutige Ideen? Am Ende sind wir nur die Gärtner im Garten unserer Partner, mit guten Vorschlägen kann man überzeugen. Die Partnerschaft sieht das Problem selbst. Es gibt eine neue Arbeitswelt, auf die wir Antworten finden müssen. Alle wissen, dass gerade wir jetzt aufholen müssen. Es gehört zu unserer Fehlerkultur, für die Fehltritte einzustehen und kritisiert zu werden. Das ist auch geschehen. Aber danach muss es weitergehen. Jetzt in Schockstarre zu verharren wäre ein Rückschritt.


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